Die Freie Kindertagestätte Schneckenhaus besteht in Offenburg seit 1984 als ausschließlich von Eltern getragene Einrichtung. Sie erweitert die Vielfalt der Angebote der Kinderbetreuung in Offenburg. Hervorzuheben sind ein hohes freiwilliges Engagement der Eltern für ihre Kinder, sowie eine hohe Bereitschaft, kindorientierte Pädagogik einzufordern und in die Praxis umzusetzen.

Offen

Vermutlich entzieht sich kein anderer pädagogischer Begriff der Beschreibung und Erklärung derart wie das Wort offen. Und trotzdem scheint er ständig in aller Munde zu sein. Da wird von offener Kommunikation gesprochen, offenem Anfang, offener Haltung und von offener Arbeit natürlich sowieso. Was also meint dieses kleine Wort "offen"? Zuallererst fällt mir ein, dass eine Beschreibung von "offen" selbst auch offen sein muss; für Ergänzungen oder andere Meinungen. Also ändere ich meine Frage: Was bedeutet "offen" für mich?

Da fällt mir zuallererst das Stichwort "ergebnisoffen" ein. Wenn von vorneherein feststeht, was am Ende dabei herauskommt, dann ist das nicht offen. Bei den Kindern heißt das, dass wir dem Prozess den Vorrang vor dem Ergebnis einräumen. Dann ist "offen" für mich auch eine Geisteshaltung, eine Einstellung, nicht nur den Kindern gegenüber. Ich als Person möchte offen sein. Offen für Neues, offen für Kritik, offen für Entwicklung. Ich bin nicht fertig. Ich habe nur unter vorbehalt Recht. Ich weiß, dass ich mich irren kann. Ich will in Beziehung treten und mein Gegenüber kennen lernen. Ich frage mich, welche Schubladen ich im Kopf habe. Ich überlege mir, warum mich etwas ärgert und jemand anders sieht die gleiche Situation völlig cool. Ich will jedem jeden Tag die Chance geben, mich zu überraschen. Das ist alles schwer, aber es lohnt sich es zu versuchen.

Und was bedeutet das jetzt alles für die Kinder? Nun, zuerst einmal, dass sie nicht "die Kinder" sind. Sie sind Friedhelm, Sieglinde, Adalbert und so weiter. Will ich offen sein, dann muss ich jedes Kind für sich betrachten. Jedes von ihnen hat seinen eigenen Charakter und seine eigene Geschichte und für die muss ich offen sein und die muss ich in Rechnung stellen, wenn ich mir über das Kind Gedanken mache. Dann muss ich offen dafür sein, dass auch das Kind im Recht sein kann. Wenn ich die Haltung habe, "Ich bin der Erwachsene, ich weiß es besser", dann stimmt das bestimmt ab und zu, aber es ist keine offene Haltung.

Es lohnt sich, sich auf das Kind einzulassen und seine Logik zu verstehen. Vielleicht liegt auch für mich mehr Wahrheit darin, als ich ahne. Dann bin ich offen für die Bedürfnisse des Kindes. Ich habe nicht schon ein Bild im Kopf, wie das Kind zu sein hat, welche Inhalte es noch zu lernen hat, welche Angebote es im Laufe des Tages noch durchlaufen sollte, um meinem Bild zu entsprechen. Es ist eher wie bei einem gefundenen Pflanzensamen: Ich pflanze ihn ein und pflege ihn und erwarte gespannt, was eines Tages daraus wächst. Eigentlich ist das ein gutes Bild für die "Offene Arbeit". Das, was der (Bio:)Gärtner tut, tun wir für die Kinder. Wir bieten den Grund und die Umstände, die Wachstum fördern, suchen nach Ursachen für Wachstumshemmungen und freuen uns über alles, was aus dem Samen wird, ohne einen Baum zum Busch zu verkrüppeln. Ich glaube, ich bin Kindergärtner.

von Christian Fazekas